Unser Statement zur Folge 28 “Mord am Heuchelhof” des Podcasts “Mordsgespräche: Wahre Kriminalfälle aus Unterfranken” der Main-Post

Mit dem Podcast „Mordsgespräche: Wahre Kriminalfälle aus Unterfranken“ rekonstruieren Reporter:innen der Main-Post Kriminalfälle und geben eigenen Angaben nach „exklusive Einblicke in die Berichterstattung“. Ein Gerichtsreporter kommentiert die Geschehnisse und teilt laut Main-Post eigene Erfahrungen und Gedanken, die während der Recherche und Berichterstattung entstanden sind.

Diese Erfahrungen und Gedanken, sowie weite Teile der Berichterstattung der aktuellsten Podcast-Folge 28 „Mord am Heuchelhof“ stecken voller rassistischer und klassistischer Stereotype, die wir im Folgenden erläutern möchten.

Direkt zu Beginn des Podcasts wird beschrieben, dass der Heuchelhof zum Zeitpunkt der Tat vor 20 Jahren als „Problemviertel“ galt und „einen fragwürden Ruf hatte, weil es dort sehr wild zuging“. Das wird damit verknüpft, dass viele Menschen dort einen Migrationshintergrund hatten und viele aus der ehemaligen Sowjetunion kamen. Der direkte Zusammenhang, der hier zwischen einem „wilden Problemviertel“ und Menschen mit Migrationshintergrund hergestellt wird, basiert auf einer rassistischen Argumentation, die migrantisierte Menschen kriminalisiert. Im Podcast wird daraufhin explizit erwähnt, dass beide Täter „Russlanddeutsche“ waren, mit dem Zusatz, dass deren Herkunft später noch eine Rolle spielen wird. Bei der Gewalttat, bei der die beiden Täter einen Mann in brutaler Weise zu Tode prügeln, spielt deren Herkunft allerdings mitnichten eine Rolle. Die Tat hatte weder einen politischen, noch einen nationalistischen Hintergrund. Auch die am Ende des Podcasts erwähnte Information, dass einer der Täter nach dem Absitzen seiner Haftstrafe in die Ukraine reiste und bei dortigen Kämpfen im Krieg um die Krim sein Leben verlor, steht in keinem Zusammenhang mit der Gewalttat, die er vor 20 Jahren ausübte. Das Erwähnen der Nationalitäten der Täter mit der Ergänzung, dass diese Nationalitäten relevant seien, ist demnach nicht nur irreführend, sondern gründet erneut auf einer rassistischen Zuschreibung, die Menschen einer bestimmten Herkunft per se Gewalt und Kriminalität unterstellt. Der Zusatz, dass beide Täter kein Deutsch sprechen, auf den sowohl im Podcast als auch in dessen Beschreibung ausdrücklich hingewiesen wird, suggeriert, dass auch das mit der Gewalttat in Verbindung steht. Dies stellt eine weitere Form der Kriminalisierung migrantisierter Personen da. Es befeuert außerdem den subtil rassistischen Vorwurf, dass Migrant:innen grundsätzlich selbst daran schuld seien, die deutsche Sprache nicht zu beherrschen, und verkennt damit die strukturelle Diskriminierung, die viele migrantisierte Personen von gesellschaftlichen Prozessen ausschließt.

Die genannten rassistischen Stereotype vermischen sich in der Podcast-Folge außerdem mit klassistischen Zuschreibungen. Es wird erwähnt, dass die Täter seit ihrer Ankunft in Deutschland nie gearbeitet und von Sozialhilfe gelebt hätten. Neben dem rassistischen Vorurteil, welches hier bedient wird, nach dem Migrant:innen anstatt zu arbeiten den deutschen Sozialstaat ausnutzen, wird zusätzlich eine Verbindung hergestellt zwischen Sozialhilfeempfänger:innen und dem Hang zur Gewalt. Diese Stigmatisierung ist nicht nur falsch, sondern verkennt auch, dass Armut und die Abhängigkeit von Sozialleistungen ein strukturelles Problem in Deutschland sind, welches Menschen marginalisiert. Das wird im Podcast dadurch verstärkt, dass die Hochhäuser am Heuchelhof, in denen oft marginalisierte Menschen leben, grundsätzlich als problematisch dargestellt werden, wohingegen man in Einfamilienhäusern und Reihenhäusern in anderen Gegenden des Heuchelhofs laut den Moderator:innen des Podcasts sehr schön wohnen könne.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Main-Post mit dieser Podcast-Folge in der Art und Weise, wie sie die Gewalttat vor 20 Jahren aufarbeitet, auf massive rassistische und klassistische Stereotype zurückgreift, die diskriminierende Vorurteile gegenüber migrantisierten Personen befeuern und den Nährborden für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und rassistisches Gedankengut bieten. Wir möchten der Main-Post daher nahelegen, auf eine solche Form der Berichterstattung zukünftig zu verzichten.

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